MARKUS KAESLER
"Ich arbeite größtenteils seriell und verstehe meine Arbeiten nicht als realgetreue Wiedergabe der Wirklichkeiten, sondern vielmehr als Reflexionen über philosophische Fragen"
– Markus Kaesler
WERKE
IN-BETWEEN. DAS SICHTBARMACHEN DES DAZWISCHEN
Wie erwarten wir, dass ein bestimmter Ort aussieht? Sind wir irritiert, wenn wir feststellen, dass unsere erste Vorstellung falsch ist? Der tatsächliche Ursprung des Bildes verliert an Bedeutung und wir sind gezwungen, uns zu fragen: Was passiert, wenn wir nicht mehr zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten unterscheiden können? Markus Kaesler zeichnet mit Licht. Indem er eine simple Lochkamera verwendet, führt er die Fotografie auf ihre optischen Grundlagen zurück und zeigt, wie viel künstlerisches Potenzial in ihr steckt.
Die Lochkamera funktioniert im Prinzip genauso wie eine Camera Obscura, nur ist sie viel kleiner: Licht trifft durch eine kleine Öffnung auf lichtempfindliches Material und zeichnet möglichst unmanipuliert darauf. Die Lochkamera baut sich der Künstler je nach Projekt auch einfach mal selbst. Die entstandenen Werke sind dann Unikate, oft findet sich die zerstörte Kamera auf der Rückseite und wird beim Kauf mit erworben.
Für jedes Projekt und jede Serie wählt der Künstler bestimmte Filme und Papiere. Hierbei bevorzugt er die Verwendung traditioneller Materialien und versucht, deren Eigenschaften so einzusetzen, dass Material und Bild ein harmonisches und kohärentes Ganzes ergeben. „In Anlehnung an ein Zitat Saul Leitners würde ich sagen, dass ich manchmal erstaunt bin, wie viel man als Fotograf mit einer so einfachen Sache wie einer Lochkamera erreichen kann. Edward Steichen sagte: "Kein Fotograf ist so gut wie die einfachste Kamera." Mit der einfachsten Kamera versuche ich mein Bestes.“
Zunehmend spielt in der Arbeit Markus Kaeslers auch die Reduktion eine wesentliche Rolle.
Die Vereinfachung der Form, die Rückführung der Fotografie auf ihre grundlegenden optischen Regeln und die damit verbundene Reduktion der Farbe bilden die Basis seiner fotografischen Arbeit, deren Umsetzung mit selbstgebauten Lochkameras er als logische Konsequenz sieht: eine Kunst des "weniger ist mehr", die für ihn Gegenmittel zu einer Zeit ist, die er als schnelllebig und rastlos erlebt.
Meist arbeitet Markus Kaesler seriell. Er versteht seine Arbeiten nicht als realgetreue Wiedergabe der Wirklichkeit, sondern vielmehr als Reflexion über philosophische Fragen: Was passiert, wenn wir Heimat und Fremde nicht mehr unterscheiden können? Wie sieht das Dazwischen aus? Was passiert, wenn die Addition des Konkreten zu Abstraktion führt?
In seiner Serie „In-Between” etwa führt er die direkte Konsequenz dieser Gedankengänge vor Augen. Die Arbeiten bewegen sich zwischen verschiedenen Polaritäten, zwischen zwei Punkten auf der Erde, die sich idealerweise auf zwei unterschiedlichen Kontinenten befinden. Der Künstler visualisiert die Strecke zwischen diesen Punkten indem er an einem Ort anfängt zu belichten und bei der Ankunft am anderen Ort mit der Belichtung aufhört. Die Bilder aus “In-Between” haben keine Richtung, sie sind allein Zeugen der Kilometer, der Zeit und des Lichts. Markus Kaesler schafft es in ästhetischer Weise die Raum-Zeit-Distanz zwischen zwei Orten festzuhalten.
Neben diesen philosophischen Inhalten, regt sein Werk auch politisch gesehen zum Nachdenken an: Zwei verschiedene Pole bilden ein gemeinsames Werk, eine Einheit. Es brauche beide Orte, um ein Werk entstehen zu lassen.
Die in der Ausstellung LINSE AUF//MANNHEIM gezeigten Lichtbilder zeichnen ein ungewöhnliches Bild der Stadt: Flüchtige Impressionen einer Unterführung, auf Geometrie reduzierte Fragmente von Bauwerken, ein auf Bewegung und Licht reduziertes abstraktes Bild des Paradeplatzes. Fast meint man, Markus Kaesler versucht mit seiner Arbeit das Wesentliche sichtbar zu machen, indem er das Bekannte und Gewohnte des Blicks weglässt. Er zeigt im wahrsten Sinne des Wortes einzigartige Bilder der Stadt: Auch diese analogen Arbeiten sind Unikate, Reduktion und Abstraktion überführen die Lichter der Stadt in eigene Formen. Begleitet werden diese Bilder von Aufnahmen berühmter Jazzer, die regelmäßig beim Enjoy Jazz Festival das Mannheimer Kulturleben prägen.
Die in der Ausstellung Land//Scapes gezeigte Serie „Sonnenlauf“ ist ein beeindruckendes Zeugnis seines seriellen Ansatzes: Über ein Jahr hinweg fängt der Künstler Monat für Monat den Sonnenlauf von einem bestimmten Platz ein. So entstehen 12 Werke, die in einer Einfachheit und Klarheit auf Zeit, Bewegung und Wandel verweisen. Die Ästhetik des Werkes schöpft hierbei wesentlich aus Markus Kaeslers geduldiger Arbeitsweise, die nicht auf schnelle Ergebnisse oder Massenproduktion zielt, sondern eben wie im Falle von „Sonnenlauf“ sich auf die langsame Bewegung der Sonne einlässt, sie mitgeht.
Markus Kaesler ist berufenes Mitglied der DGPh / Deutsche Gesellschaft für Photographie. Preisträger des Jobo – Grossformat – Preises 2018 und lebt und arbeitet in Heidelberg. Die Liebe zur analogen Fotografie begleitet ihn seit seiner Gymnasialzeit. Seine Arbeit ist bis heute geprägt von der klassischen Fotografenausbildung, die er mit Mitte 20 absolvierte.