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GERHARD VORMWALD (1948–2016)

Mit meiner Arbeit versuche ich, den Blick des Betrachters zu sensibilisieren. Nicht alles, was man auf einer Fotografie sieht, muss auch echt sein. Dem Zufall gebe ich dabei immer eine Chance.

– Gerhard Vormwald

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VERFÜGBARE WERKE 

DAS SPIEL MIT DER WIRKLICHKEIT

 

Gerhard Vormwald liebte das Spiel mit der Wirklichkeit, in der Kunst wie in der Werbung. Er inszenierte das Eigenleben alltäglicher Objekte, ließ Menschen fliegen, stellte Räume auf den Kopf und gilt als Pionier der inszenierten Werbefotografie, die von surrealen Momenten durchzogen ist. Ebenso ist er ein Vorreiter der computergenerierten virtuellen Bildschöpfungen. Seit den 1990ern löst er sich von der Erzeugung reiner Scheinwelten und widmete sich mehr der offensichtlichen Künstlichkeit, die er in der skurrilen Komposition alltäglicher Gegenstände ironisch kommentierte. So spielt auch der Humor eine wesentliche Rolle in Vormwalds Werk, mit welchem er dem Betrachter eine Distanz zum Gewöhnlichen ermöglicht.

Nach Robert Häusser trat in Mannheim einer auf den Plan, dessen Fotografien keine Grenzen kannten, der wie Häusser internationale Anerkennung fand und dessen Werke in den großen Sammlungen von Paris, Amsterdam, Sao Paulo, Köln oder Hamburg zu finden sind. Seine Fotografien sind international verbreitet und sie zierten etwa die Titel von Stern, Zeit-Magazin, Playboy oder der Satirezeitschrift Pardon. In Mannheim hinterließ er nicht nur durch seine große Ausstellung in der Kunsthalle 2001 viele Spuren, sondern schrieb sich mit seinen Arbeiten, wie beispielsweise für das Modehaus Engelhorn oder den Bildband “Mannheim revisited.” nachhaltig in das Gedächtnis der Stadt ein. Mit Robert Häusser gehört er zu den wichtigsten Fotografen der Stadt.

 

Er schuf zunächst ohne den Einfluss digitaler Hilfsmittel physikalisch unmögliche Gebilde, die ganz eigenen Gesetzen zu folgen scheinen. Hinter diesen fast schwerelos anmutenden Bildwelten stecken komplizierte Installationen, für die Vormwald berühmt wurde, wie etwa in “Der fliegende Schwarze” von 1983. Es sind ekstatische Momente der Verdichtung, die dennoch wie Schnappschüsse aus einer anderen Welt wirken. Die ersten freien fotografischen Arbeiten stammen aus den 1960ern. Seit den 1970ern begann Vormwald immer stärker in seinen freien Arbeiten zu experimentieren und gelangte von einer konzeptionell-medienanalytischen Fotografie zu den berühmten narrativen Inszenierungen (“staged photography”), die ebenso nach der Realität der Bilder fragen. Dabei erzeugte er nie reine Illusionen, sondern ließ meist die “Ränder der Kulissen” durchscheinen. Mit diesen Brüchen gestaltet er so reflexive und “realistische Aussagen”, die über ein rein surreales oder fiktives Sujet hinausweisen. Es sind Aussagen, die immer mit den Sehgewohnheiten spielen. 

2001 stellte die Kunsthalle Mannheim mit einem atemberaubenden Umfang an Arbeiten  wohl die bislang größte Gesamtschau des Werkes Gerhard Vormwald zusammen (Gerhard Vormwald. Arbeiten mit Fotografie 1968 - 2001). Die Chronologie endet damals mit aktuellen Arbeiten Vormwalds, die er “Bildpaare” nannte und aus welchen die Ausstellung LINSE AUF//MANNHEIM eine Auswahl zeigt. Es sind Schnappschüsse, wie aus der Hüfte oder im Vorbeifahren geschossene Bilder, in denen auch oft auch der Fotograf selbst zum Motiv wird. Der offensichtliche Mangel an Perfektion und Schärfe machen ihren stilistischen wie auch scheinbar alltäglich nebensächlichen Charakter aus. Ihre eigentlich surreal-störende Kraft ziehen sie vor allem aus dem Zusammenspiel verschiedener Bildwelten, die miteinander in eine Beziehung treten und etwas Zwischen ihnen aufscheinen lassen. Das erinnert stark etwa an die Technik des Russischen Regisseurs Sergei Eisenstein, der mit seiner Theorie der Montage ausgehend von der japanischen Kurz-Gedichtform des Haiku ebensolche emotionalen Effekte im Aufeinanderprallen unterschiedlicher Bildmotive evozierte. Die hier gezeigten Werke stammen aus einer Sammelmappe, die Vormwald noch vor seinem Tod dem Museum Folkwang zur Verfügung stellte und sie zeigen, wie frei die Bildpaarungen von ihm angedacht waren, da sie nicht als strenge Einzelpaare konzipiert waren. Im Zentrum der hier gezeigten Bildpaarung steht die Arbeit “Schwäne Mannheims”.

 

Gerhard Vormwald ist in Heidelberg geboren. Er studierte nach seiner Lehre als Offsetdrucker von 1966 bis 1971 Malerei, Plastik und Gebrauchsgrafik, war als Bühnenfotograf am Mannheimer Nationaltheater tätig und übernahm das Studio des für seine Röhrenplastiken bekannten Künstlers Hans Nagel. 1983 eröffnete Vormwald das Fotostudio 52 in Paris und widmete sich dort auch der Malerei, Zeichnung und Druckgrafik. Südlich von Paris gründete er 1988 das Landatelier “Le Couèche”. Seit 1999 hatte er zudem eine Professur für Fotografie an der Hochschule in Düsseldorf inne, bis er am 9. März 2016 unerwartet starb.

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